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martedì 16 luglio 2013

IV. Die Rückkehr der italienischen Militärinternierten


Die Resistenza im Norden und die Wiedereingliederung der Kriegsgefangenen


Im Süden des Landes wurde das Problem der Wiedereingliederung als ein politisches betrachtet. Im Norden hingegen, wo Sozialstruktur schwer unter der deutschen Besatzung gelitten hatte, sah man dieses Phänomen eher als ein wirtschaftliches Problem und stellte das Politische hinten an. 

Ein eindeutiger Beweis dafür sieht Rinauro in einem unveröffentlichten „Plan zum nationalen Wiederaufbau“, der im Oktober 1944 von dem Ökonomen Libero Lenti ausgearbeitet wurde. Dieser Plan beschreibt ausgehend von den wirtschaftlichen und politischen Umbrüchen der Zeit exakt die einzelnen wirtschaftlichen Programme zur Restrukturierung der nationalen Ökonomie. Von Interesse ist hier die Tatsache, dass Lenti zu diesem Zeitpunkt der Resistenza angehörte und gleichzeitig im CLNAI (Komitee zur nationalen Befreiung) einer der verantwortlichen Politiker im Bereich der sozialen und politischen Ökonomie war. Die wirtschaftlichen Elemente seines Planes zum nationalen Wiederaufbau nehmen in überraschender Weise die  Koordinaten vorweg, welche später den nationalen Wiederaufbau charakterisierten. Das Hauptziel Lentis war die endgültige Aufgabe der wirtschaftlichen Autonomie des faschistischen Regimes durch die Erreichung der vollen Konkurrenzfähigkeit des italienischen Produkts am internationalen Markt. Laut Rinauro verlangte das auch die Einbeziehung eines weiten angloamerikanischen Wirtschaftsraumes als Garantie für die Erholung der italienischen Wirtschaft und als Erfolgsvoraussetzung des Planes selbst. Zum Zwecke der Erreichung der internationalen Konkurrenzfähigkeit schlug Lenti die Restrukturierung der Hilfsgüterindustrie auf Kosten der Massenkonsumgüter vor, die streng rationiert für die Exportproduktion geopfert werden hätten müssen. Der Plan von Lenti nahm deutlich die Linie des freien Handels an, war aber gleichzeitig undurchlässig für wirtschaftliche Auswege wie die Expansion des internen Gütermarktes, das gerade in diesen Monaten in ganz Europa große Hoffnungen beim Erreichen der Vollbeschäftigung hervorrief.

Lentis Plan präsentierte ein exakt durchdachtes organisches System von koordinierten Vorkehrungen. Durch die Vernachlässigung eines Punktes, wäre die gesamte Strategie gefährdet gewesen. Der Angelpunkt des Systems zur Erreichung der Konkurrenzfähigkeit des Nationalprodukts war die Reduktion der Produktionskosten durch eine technische Umstrukturierung und die Freisetzung der enorm überschüssigen Masse an Handwerkern, die sich durch die beschränkten Produktions- und Handelsmöglichkeiten der italienischen Industrie in den dramatischen Monaten nach Beendigung des Krieges angesammelt hatte. Die von Lenti propagierte Theorie der Massenemigration wurde später von der zukünftigen Regierung von DeGasperi in ähnlicher Weise übernommen und war eher ein struktureller Ausweg als eine momentane Lösung. Rinauro sieht in Lentis Theorie ein Instrument zur Entlastung des Produktionsapparates und zur Realisierung von korrelativen finanzwirtschaftlichen Voraussetzungen. Um den notwendigen internationalen Handel zur nationalen wirtschaftlichen Wiederbelebung aktivieren zu können, musste die Konvertibilität der Valuten durch den Wiederausgleich der öffentlichen und kommerziellen Bilanzen zwischen den verschiedenen Staaten stabilisiert werden. Dieses Ziel konnte wieder nur durch die Massenemigration erreicht werden, der nicht nur die Rolle zur Ausbilanzierung des Handelsdefizit anvertraut wurde, sondern auch die zur Lieferung der gewünschten Valuta, vor allem Dollar und Sterline zum Import der zum Wiederaufbau und zur Exportproduktion benötigten Rohstoffen.  Lenti empfahl auch in großem Ausmaß auf internationale Kredite zurückzugreifen, und prognostizierte somit bereits die ersten Hilfszahlungen von Seiten der UNRRA und den später folgenden Marschall Plan.

Laut Rinauro war der Massenexodus die essentielle Bedingung auf der das ganze System des Planes von Lenti basierte. Der Emigration wurde eine enorme Verantwortung anvertraut, ohne die sich eine Abwendung von der Autarkie, die Integration der italienischen Wirtschaft in die Weltwirtschaft, der Plan und der Wiederaufbau des Landes nicht selbst hätten realisieren können.[1]

Die diplomatischen Beziehungen Italiens waren im Oktober 1944 jedoch noch ziemlich instabil. Durch die schlechten Konditionen war es schwierig die Verhandlungen zur Vorbereitung der Massenemigration wie sie von Lenti vorgeschlagen worden war, aufzunehmen. Außerdem waren die Siegermächte bei Beendigung des Konflikts selbst mit der Demobilisierung ihrer Heere und der Umstellung von Kriegs- auf Friedenswirtschaft beschäftigt. Italien konnte erst im Mai 1946 mit Frankreich und Belgien die ersten Verhandlungen  zur Emigration von  Kohlengrubenarbeiter beginnen.  Der Plan Lenzis sah die Auswanderung von zwei Millionen Männern für einen Zeitraum von 10 Jahren vor. Die Zahl überstieg jedoch die tatsächliche Anzahl, in den Jahren nach dem Krieg war es ungefähr 500.000 Italienern möglich zu emigrieren.

Um diesen Massenexodus realisieren zu können, berief sich Lenti auf die ungefähr 1.400.000 Gefangenen, die in allen Winkeln der Erde verstreut waren. Er griff tatsächlich auf den Teil der italienischen Bevölkerung zurück, der bestimmt mit Abstand am meisten in diesem Krieg gelitten hatte, ganz besonders im Fall der Gefangenen in Deutschland, Frankreich und Russland. Diese Gefangenen wurden zusätzlich auch noch dazu aufgerufen sich im Namen des Wiederaufbaues ihres Landes zu opfern. Der von Rinauro zitierte Auszug aus dem Schriftstück Lentis zeigt wie kühl dieser das Schicksal der Männer in seinen Plan integrierte:

„..es wird nötig sein die sofortige Rückkehr aller Gefangenen zu verhindern, es ist dies bestimmt eine unpopuläre Politik, doch man muss den Mut dazu aufbringen sie zu aktivieren. Man muss vor allem versuchen ihren Status der Gefangenen in den der bezahlten Arbeiter zu transformieren. [...] Es wird bestimmt schwierig sein die Heimkehr der sich zur Zeit in Deutschland befindlichen Gefangenen zu vermeiden, doch die Arbeit im Ausland wird ein großes Ventil für unser Arbeitspotential  darstellen.[2]

Rinauro führt sehr gut vor Augen, wie die moderate und traditionelle Politik der Wirtschaftskommission der Partisanen und die des CLNAI (Komitees zur nationalen Befreiung) in Bezug auf  Beschäftigungspolitik ausgesehen hatte, und verweist auf die große Ähnlichkeit mit Lentis Plan. Die Emigration wurde zum Hauptinstrument der Politik des Wiederaufbaues des Landes.[3]

Das Ereignis der Wiedereingliederung der italienischen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges war der Beginn des Wiederauflebens der zweiten großen geschichtlichen Phase der Massenemigration. Die Regierungen nach dem 8. September 1943 suchten nach einer radikalen Lösung, die die materielle Belastung der Heimkehrer hätte erleichtern sollen, und die es gleichzeitig ermöglichen sollte dem Problem des gesellschaftlichen Dissenses, verursacht durch ihre Strategie des Wiederaufbaues, auszuweichen. Der Umstand der wachsenden Demokratie trug entscheidend dazu bei, dass die Institutionen das erste Mal einem Problem gegenüberstanden, das auf einer sehr delikaten Ebene des öffentlichen Konsenses ausgetragen werden musste. Die Emigration war folglich eine fundamentale und strukturbedingte Wahl der politischen Ökonomie unter der neuen demokratischen Regierung, den Exponenten des Antifaschismus und der Resistenza.[4]

Das die italienischen Behörden eine Blockierung der Rückkehr der Kriegsgefangen und die Programmierung ihres Ausschlusses vom nationalen Wirtschaftsleben planten blieb auch den Gefangenen in den Lagern nicht verborgen. Die Kriegsgefangenen waren über das italienische Misstrauen ihnen gegenüber von dem Moment an auf dem Laufenden, als der Plan mit skrupelloser Reserviertheit in die Tat  umgesetzt wurde und nicht länger nur ein Wunsch der italienischen Resistenza blieb. Italienische Militärkommissionen versuchten in den Gefangenenlagern, die in allen Ecken der Welt verstreut waren, die Gefangenen dazu zu überreden nicht in ihre Heimat zurückzukehren, sondern im Ausland als immigrierte Arbeiter zu bleiben. Diplomatische Aktionen wurden eingeleitet, um die Regierungen der alliierten Mächte anzuhalten den italienischen Gefangenen die Freilassung und den Status der Immigranten zu gewähren. Das rechtfertigende Argument gegenüber den Gefangenen war die prekäre wirtschaftliche Situation Italiens. Man versuchte ihnen verständlich zu machen, dass es auch nur in ihrem Interesse liegen kann im Ausland zu bleiben, wo bestimmt bessere Umstände als im Heimatland vorzufinden wären.

Die praktische Durchführung zur Entmutigung der Heimkehrer hatte bereits im Februar 1945 begonnen, also noch vor dem tatsächlichen Ende des Krieges. So stark muss die Furcht der Politiker vor der Rückkehr der Masse an Kriegsgefangenen gewesen sein, auch wenn die Alliierten die Freilassung der internierten italienischen Soldaten noch Monate und Jahre hinauszögern konnten. Der zuständige Kommissar des „Alto commissariato per i prigionieri di guerra“ Gazzera versuchte sehr wohl durch diplomatisches Taktgefühl die Freilassung seiner Landsmänner zu beschleunigen, doch ging es bei den Verhandlungen lediglich  um die Freilassung und nicht auch um die Rückkehr. Die Gefangenen sollten wie freie Arbeiter bezahlt und behandelt werden, und den Gesetzen des Landes unterstellt werden[5].



 

Die Rolle der italienischen Kriegsgefangenen am internationalen

Arbeitsmarkt


Der Fall Frankreich


Das Ereignis der italienischen Gefangenschaft in der Hand der Franzosen repräsentiert eines der schmerzlichsten und verhängnisvollsten Schicksale, das den italienischen Soldaten in den Jahren des Krieges widerfahren ist. Die absurden normativen Konditionen unter denen dieses Ereignis stattfand, wurden in einem vorhergehenden Kapitel bereits besprochen. Die verlängerte Festhaltung der Italiener nach Abschluss des Waffenstillstandes von Seiten der Alliierten bedeutete eine schwere Verletzung des internationalen Rechts. Die Motive, die die Alliierten dazu bewegt hatten, lagen in der dringenden Notwendigkeit von Arbeitskräften an den Kriegsfronten und auf nationalem Gebiet. Der Wunsch der Italiener an Seiten der Alliierten gegen Deutschland zu kämpfen, gab ihnen die Möglichkeit die italienischen Kriegsgefangenen zur Zwangsarbeit heranzuziehen. Interessant zu sehen ist dabei, dass die Kosten für diese Arbeitskräfte sehr gering waren. Die italienischen Gefangenen gehörten noch dem italienischen  Militär an, und aus diesem Grund war es verpflichtet seinen Soldaten den Soldatensold zu bezahlen. Italien musste also die Zwangsarbeit der eigenen jungen Soldaten finanzieren, wovon aber gänzlich die ausländische Wirtschaft profitierte. Was Frankreich betrifft, war die Ungerechtigkeit noch größer, da die Soldaten die eigentlich widerrechtlich festgehalten wurden, nicht einmal von den Franzosen entwaffnet worden waren, sondern von den Amerikanern und Briten an sie ausgeliefert wurden. Die italienischen Soldaten wurden zum nationalen Wiederaufbau in Frankreich selbst und in den nordafrikanischen Gebieten benützt. Die Skrupellosigkeit der Franzosen bestätigte sich im Frühling 1945 als italienischen Gefangenen aus den deutschen Lagern durch die Angloamerikaner befreit worden waren. In großem Ausmaß wurden sie wieder an die Franzosen abgegeben, die sie erneut zur Zwangsarbeit verpflichteten.  Wie aus einigen Aufzeichnungen des Zensurbüros hervorging, widerfuhr einem Teil der italienischen Soldaten in Frankreich eine oft noch schlechter Behandlung als in den deutschen Lagern.[6]

Die italienischen Diplomaten hielten die Franzosen dazu an, den Status ihrer in Frankreich festgehaltenen Soldaten in den der Zivilarbeiter zu ändern, denn mit diesem Akt wäre ihnen der Schutz der Genfer Konvention zugute gekommen. Italien verfolgte jedoch auch das Ziel einer Übereinkunft zur  italienischen Emigration nach Frankreich. Der französische Botschafter trieb so die Freilassung der italienischen Gefangenen in Hinblick auf ihr Verbleiben als Immigranten zum Wiederaufbau voran. Im August 1945 kam von Seiten der Franzosen der Vorschlag zum Austausch der italienischen Gefangenen mit der gleichen Anzahl von italienischen Immigranten. Die italienischen Behörden waren mit der Bedingung keineswegs einverstanden. Am 30. September stimmte Frankreich endlich der Freilassung eines Teiles der italienischen Gefangenen zu.

Im Februar 1946 wurde der Vertrag zur Emigration der italienischen Kohlengrubenarbeiter mit Frankreich ausgehandelt. Bald darauf folgte ein zweiter Vertrag zur Emigration anderer Arbeiterkategorien. Im März 1947 kam es zum ersten generellen Emigrationsabkommen zwischen den beiden Nationen. Vorgesehen waren bis zu 200.000 italienische Emigranten, dieses Unternehmen kam jedoch in diesem Ausmaß nicht zustande. Die  fehlenden Unterkünfte und die langwierige Auswahl von emigrierenden qualifizierten Arbeitern reduzierten letzten Endes die Anzahl auf 53.000 effektive Emigranten. Gleichzeit waren jedoch die anderen vorgesehenen Emigrationsländer nicht in der Lage die arbeitslosen Italiener aufzunehmen, und es bestand auch nicht die Möglichkeit jene Arbeiter unterzubringen, um die  sich die italienische Wirtschaft hätte erleichtern sollen. Aus diesem Umstand heraus entstand das Phänomen der illegalen Emigration, vor allem versus den lateinamerikanischen Ländern.

Mit Rücksicht auf diese Problematik sind auch die Bemühungen der italienischen Regierung zu sehen, und machen die Vorkehrungen zum Verbleiben der ehemaligen Kriegsgefangenen in Frankreich verständlich. Die italienischen Militärkommandos verabschiedeten bereits am französischen Konsulat  (wie auch in den anderen alliierten Ländern, die dem Verbleib der ehemaligen italienischen Kriegsgefangenen zustimmten) an Ort und Stelle ihre Soldaten, um den Aufenthalt als Immigranten zu erleichtern. Für diese Entlassungen gibt es, so Rinauro, noch für das Jahr 1948 Zeugen. Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass die Wiedereingliederung der italienischen Gefangenen auf französischem Gebiet und seinen Kolonien generell sehr langsam voranging. Das lag daran, dass Tausende von ihnen zerstreut herumirrten und die Regulierung ihrer eigenen Position gegenüber den französischen wie italienischen Behörden mieden. Die Gründe dafür waren vielfältig, größtenteils war die Angst vor einer erzwungenen Rückkehr oder einfach die Ignoranz der eigenen bereits erworbenen Rechte dafür verantwortlich. Rinauro erwähnt in diesem Zusammenhang, dass nicht nur die wirtschaftspolitische Strategie es ermöglichte, mit Leichtigkeit die Aufenthalte der italienischen Bürger auszuhandeln. Es spielte auch die sich mit den Monaten und Jahren verbesserte Haltung der Franzosen gegenüber den Italienern eine große Rolle. [7]


Schlußwort



Die Kriegsgefangenschaft sowie die Internierung der italienischen Soldaten und ihre Rückkehr ist das letzte große Kapitel des Zweiten Weltkriegs, das der gründlichen Aufarbeitung harrt. Diese Arbeit ist als ein weiterer Schritt zur Aufarbeitung der Auswirkungen der Kriegsgefangenschaft und Internierung auf die italienische Nachkriegsgesellschaft zu sehen. Wie sich zeigte, ist den im Mittelpunkt dieser Studie stehenden italienischen Militärinternierten nicht nur während ihrer Gefangenschaft große Ungerechtigkeit widerfahren, sondern auch während und nach ihrer Rückkehr. Der große Moment der Heimkehr, der die ganze Zeit hindurch ersehnt worden war und zur einzigen Quelle aller Hoffnungen geworden war, entpuppte sich schließlich als Farce. Die Heimkehr wurde zu einer traurigen Erfahrung, denn außerhalb und in vielen Fällen auch innerhalb der Familie fand der Heimkehrer Gleichgültigkeit gegenüber seinem Schicksal. Er sah sich damit konfrontiert, unschuldig zu einem Störfaktor in der Gesellschaft geworden zu sein. Es schien, als würde sich der lange Winter der Gefangenschaft, wie viele Heimkehrer ihre Internierung beschreiben, auch nach ihrer Befreiung in den Widersprüchen der Gesellschaft fortsetzen. Es war eine Gesellschaft, die von den schlimmen Dramen des Krieges gezeichnet war und auf die Bedürfnisse des Heimkehrers nicht reagieren konnte, aber auch nicht wollte. Die Gründe, die eine gerechte Aufnahme der Heimkehrer behinderten, resultierten aus der Geschichte des Landes. Fehler, die nach dem ersten Weltkrieg begangen worden waren, sollten um jeden Preis vermieden werden. Der Tatsache, dass die Opfer dieser Strategie auch die Opfer des Zweiten Weltkrieges waren, wurde wenig bis keine Beachtung geschenkt. Die Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs fanden im Gegensatz zu jenen des Ersten, in der Nachkriegszeit keine Anerkennung in der Öffentlichkeit, da sie dieses Mal durch ihre hohe Anzahl und ihre Verschiedenheit die Ressourcen der Gesellschaft überstiegen. Vor allem die führenden Politiker befürchteten, dass der Schwall an Heimkehrern die politische Erholung des Landes verzögern könnte. Diese Annahme begründeten die führenden Politiker dadurch, dass die ehemaligen Kriegsgefangenen während der entscheidenden Periode der politischen Meinungsbildung des Landes abwesend gewesen wären. Daraus entstand in gewissem Sinn eine Art Unverständnis, wenn nicht sogar Konfliktsituation zwischen den Erfahrungen und Leiden der ehemaligen Kriegsgefangenen und jenen der Partisanen. Die Erinnerungen des Krieges begannen sich deshalb in einer bestimmten Weise zwischen Partisanen und Heimkehrern zu differenzieren. 
Es sollte generell vermieden werden, dass eine bestimmte Partei zum Sprachrohr der Kriegsheimkehrer würde. Diese anfangs so begrenzte politische Repräsentanz der Heimkehrer führte dazu, dass sie Gehör und Aufnahme in den Vereinigungen für ehemalige Kriegsgefangene und  Internierte suchten und auch fanden. Nur dort wurde es den Heimkehrern ermöglicht, den personellen Bruch mit der Gesellschaft aufzuarbeiten. Diese Vereinigungen übernahmen in weiterer Folge die verschiedensten Aufgaben. Sie wurden zu einer Art „gewerkschaftlichen“ Organisationen, aber auch zum Vormund der Rechte der ehemaligen Kriegsgefangenen. Hauptsächlich dienten sie aber als Orte der Kommunikation, in denen die Mitglieder ihre Erfahrungen austauschen konnten, die für die anderen unverständlich waren. 

Als weiteren bedeutenden Faktor muss auch der Umstand gesehen werden, dass das Land vor allem die Niederlage des faschistischen Regimes und die Risswunde des Bürgerkrieges vergessen wollte. Ausschließlich den Heimkehrern aus der sowjetischen Gefangenschaft wurde von Seiten der führenden Politiker Aufmerksamkeit geschenkt, wie sich jedoch zeigte, nur aus instrumentalisierenden und opportunistischen Gründen. Besonderes Augenmerk im Hinblick auf die Behandlung der ehemaligen Kriegsgefangenen verdient die Wirtschaftsstrategie, die von den führenden Politiker bereits im Jahre 1944 in Gang gesetzt wurde. Es handelte sich dabei um eine Wahl, die von allen Parteien gebilligt wurde. Einerseits stützte sich diese Strategie darauf, tausende Kriegsgefangene davon zu überzeugen, in dem Land zu bleiben, das sie zuvor als Gefangene gehalten hatte, da sie in ihrer Heimat zu einem Problem für die bereits angeschlagene Wirtschaft geworden wären. Andererseits stützte sie sich auf die Aktionen der Regierung, die von Anfang an die Umwandlung des Status der Kriegsgefangenen in die Länge ziehen wollten und in Folge für sie zivile Konditionen zur Verbesserung ihrer untragbaren Situation auszuhandeln versuchte. Ziel dieser Strategie war die Vermeidung der Repatriierung der Kriegsgefangenen. Das führte unvermeidlich zu einer ambivalenten Haltung der Politiker, denn diese Wirtschaftsstrategie musste vor den Familien, die sehnlichst auf die Heimkehr ihrer Männer warteten, verschwiegen werden.

Der Heimkehrer wurde somit zur Schlüsselfigur der italienischen Nachkriegsgesellschaft, welcher nicht nur eine schmerzhafte Erfahrung auf den Schultern lastete, sondern die auch mit einer Realität konfrontiert war, die von Arbeitslosigkeit und Armut geprägt war. Diese Betrachtungen sollen die schwierige Situation der Heimkehrer verständlich machen. Trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung mussten sie zusätzlich noch die Last der Gleichgültigkeit ihrer Umgebung ertragen. Besonders hart traf es die ehemaligen italienischen Militärinternierten der deutschen Lager, die sich auf Grund des Unverständnisses ihnen gegenüber Jahrzehntelang in Schweigen hüllten. Die Armut, die Arbeitslosigkeit, die Illusion einer Entschädigung durch gesetzlich geregelte Vorteile im öffentlichen Sektor machten die Enttäuschung noch schmerzhafter. Ihre Gefangenschaft, ihr Nein zur Kollaboration mit dem Feind wurde zu einer Ungerechtigkeit, zu einem ruhmlosen Drama, dem kein Recht auf Anerkennung zugestanden wurde. Es dauerte viele Jahre bis die italienische Geschichtsschreibung das Schicksal der Militärinternierten als einen entscheidenen Punkt bei der Entwicklung der nationalen Identität erkannte.



Bibliographie

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[1] Vgl. Rinauro, La Disoccupazione di massa,  S 552f.
[2] Lenti. In: Rinauro, La Disoccupazione di massa, S 557.
[3] Vgl. Rinauro, La Disoccupazione di massa, S 562f.
[4] Vgl. Bistarelli, Reducismo e associazionismo, S 240-243.
[5] Vgl. Rinauro, La disoccupazione di massa, S 557-575.
[6] Vgl. Rinauro, Prigionieri di guerra ed emigrazione, S 246.
[7] Vgl. Rinauro, Prigionieri di guerra ed emigrazione, S 251-267.

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